Studiengang Informationsarchitektur
Der Beruf des Informationsarchitekten ist in Deutschland noch recht neu. Ich habe in früheren Posts versucht ein paar Grundlagen zu legen (zum Beispiel: Information Architecture (Part1) und Information Architecture (Part2)). Im Jahr 2005 gab es die erste, deutsche IA Tagung in Frankfurt am Main. Letztes Jahr war Deutschland Gastgeber der Europäischen IA Tagung (hier in Berlin). So langsam nimmt das Thema bei uns Fahrt auf (wie Wolf auch in seinem Blog erwähnt). Daher spielen alle, die sich zur Zeit eingehender mit IA beschäftigen, eine wichtige Vorreiterrolle. Wir ebnen jetzt den Weg für kommende Generationen zukünftiger Informationsarchitekten.
IA im Studium
Meines Wissens gibt es in Deutschland noch kein eigenständiges Studium der Informationsarchitektur und ob dies überhaupt erstrebenswert wäre, ist zumindest fraglich. IA ist zur Zeit ein buntes Sammelbecken verschiedener Disziplinen. Informationsarchitekten kommen beispielsweise aus der Fachrichtung Design (Webdesign, Interaction Design, Visualization, Interface Design und so weiter), wie ich, aus der Disziplin der Bibliotheks- und Informationswissenschaft (LIS, library and information science), aus der Usability-Gegend, der (kognitiven) Psychologie (Kategorien, Kategorien, Kategorien) oder aus aktuellen Multimedia-Studiengängen.
Einige deutsche Universitäten bieten Informationsarchitektur aber als Teil ihres Lehrplans an. So befasst man sich zum Beispiel in Potsdam im Rahmen des Interface Design-Studiums mit IA. Der Studiengang Kommunikationsdesign an der Hochschule Konstanz bietet im Begleitseminar Wissen und Bildung Informationsarchitektur und Informationssysteme. Die Berliner technische Kunsthochschule / Hochschule für Gestaltung bietet im vierten Semester im Rahmen des Studienschwehrpunktes Informations- und Interfacedesign Informationsarchitektur an. Die Stuttgarter Hochschule der Medien unterrichtet im Studiengang Informationsdesign IA und an der Hochschule Darmstadt wird im Fachbereich Informations- und Wissensmanagement in verschiedenen Modulen Informationsarchitektur gelehrt.
Call For Action
Eines fällt auf: die vornehme Zurückhaltung der Bibliotheks- und Informationswissenschaften. Aussenstehende wissen kaum, mit was für heissen Themen sich LIS unter anderem beschäftigt. Scientometrie, Qualitätsmanagement, Klassifikationssysteme, Organisation von Informationsprozessen, Ordnungsprinzipien, Recherchemethoden und -strategien...
Seit über 1000 Jahren beschäftigen sich Bibliothekare mit Meta-Daten, Findability, Labeling und Knowledge Management, aber erst vor sieben Jahren gab es die erste Konferenz zum Thema IA - organisiert von Bibliothekaren. Einer von ihnen, Peter Morville schreibt rückblickend:
In April 2000, a very special event took place at the Logan Airport Hilton in Boston, Massachusetts. Lou worked closely with Richard Hill of the American Society of Information Science and Technology (ASIST) to organize the first annual Information Architecture summit, bringing together people from universities, Libraries, web consultancies and Fortune 500 firms to share perspectives. The energy at this conference was incredible. This was the first large scale gathering of the information architecture community in history. And we were at the pinnacle of the internet revolution.
Wie gesagt, in Deutschland befindet sich die Lehre der Informationsarchitektur noch in ihren Anfängen. Es ist großartig, dass sich so viele verschiedene Fachrichtungen für das Thema interessieren und sich gegenseitig stimulieren. Aus meiner Sicht wäre es für alle ein Gewinn, wenn sich die Bibliotheks- und Informationswissenschaft stärker beteiligen würde. Und so eine Beteiligung fängt mit der Ausbildung und dem Studium an.
Um nochmal Peter Morville zu zitieren:
And so, while some folks adhered to the Wurman definition, we became evangelists of the LIS (library and information science) school of information architecture. We argued passionately for the value of applying traditional LIS skills in the design of websites and intranets.